Patronatskirche St. Georg in Ostrau

Eine bereits vorhandene Kapelle in Ostrau wird erstmals 1127 in der Chronica Montis Sereni erwähnt. Nach Umbauten und Erweiterungen um 1300 erfolgte seit 1698 der vergleichsweise aufwändige Neubau einer Patronatskirche im barocken Stil durch Otto Ludwig von Veltheim (1672-1714).

Veltheim ließ unter dem Altarraum der Kirche eine umfangreiche Familiengrablege einrichten. Der Kirchenraum selbst wurde mit aufwändigen Schnitzwerken des westfälischen Bildhauers Hermann Meyer sowie einer durch Andreas Theysner errichteten Orgel, die eine der größten Orgeln der Region blieb, ausgestattet. Auch die neu entstandene Patronatsloge der Familie mit prächtig verzierter Front zeugt von dem hohen Stellenwert, den das Gotteshaus im Bewusstsein Veltheims als Patron der Kirchengemeinde einnahm. Insbesondere auf die Pflege von Kirchenmusik legte Veltheim großen Wert. So komponierte Johann Justus Kahle (1668-1740) im Auftrag des Patrons zwei Kantaten für die Weihe der Kirche und Orgel am Sonntag Exaudi (4. Mai) 1704. Die Uraufführung dieser sogenannten Kirchweihmusik in Ostrau leitete Kahle persönlich. Er examinierte in diesem Zusammenhang auch die neu erbaute Ostrauer Orgel gemeinsam mit Friedrich Wilhelm Zachow (1663-1712), dem damaligen Director musices der Stadt Halle und Lehrer Georg Friedrich Händels (1685-1759). Kahle wirkte als Organist zunächst in Helmstedt, später in Zellerfeld. Von ihm sind neben den beiden Ostrauer Kantaten allein zwei weitere Werke überliefert. Die Weihe der Kirche nahm der damalige Pfarrer von Ostrau, Joachim Pauli (1636-1708) vor. Pauli, den eine Freundschaft mit keinem geringeren als dem berühmten Kirchenlieddichter Paul Gerhardt (1607-1676) verband, wirkte im 17. Jahrhundert selbst als Verfasser zahlreicher kirchlicher Gesänge.

Bis heute wird die Patronatskirche von der örtlichen Kirchengemeinde des Evangelischen Kirchspiels Ostrau genutzt. Als wichtiger Bezugspunkt für das Flächendenkmal Schlosspark Ostrau ist die Kirche zudem in jüngster Zeit ein beliebter Ort für kulturelle Veranstaltungen. Einen Höhepunkt bildete die Edition, Wiederaufführung und Einspielung der Kantaten von Johann Justus Kahle an historischem Ort sowie die Aufnahme in das Netzwerk "Straße der Musik" im Jahr 2010, womit sich die Patronatskirche als ein authentischer Ort der Musikgeschichte Mitteldeutschlands etablierte.

 

Quelle
John Palatini, Weltanschauungsarchitektur in einer evangelischen Kirche – die Grab-Altar-Kapelle Hans-Hasso von Veltheims, in: John Palatini/Georg Rosentreter (Hg.), Das Erbe der Veltheims. Schloss, Park und Kirche Ostrau, Schriften der Ostrau-Gesellschaft 2, Halle 2014, 220–259.


© Georg Rosentreter